SYNÄSTHETISCHE BILDUNG
(einige deskriptive und normative perspektiven für sinnliche rezeption im goldenen zeitalter) – BEGRÜSSUNG Herzlich willkommen, liebe Zuhörer_Innen, liebe Zuhörer_Außen an den Rundfunk-Empfangsgeräten, zu einer weiteren Ausgabe von Wie ein Freigeist im Wind, die bissige böse Radioshow für Dichter, Philosophen, Strolche und Irre und solche, die es werden wollen – zu hören, wie Ihr sicherlich wisst, da Ihr die Frequenz eingestellt habt auf eurem Kofferradio oder eurem Bildschirm, zu hören auf ALEX – Offener Kanal Berlin auf der 91,0 UKW oder Internet-Livestream. Unser Anspruch ist es, dem gängigen Infotainment unserer Zeit etwas in höchstem Maße Abartiges entgegenzusetzen. Die Sendeverantwortung hat Daniel Emerson Aldridge, und das bin ich. Es tanzt das Radioballett des Offenen Kanals Berlin! PROLOG Die ästhetische Wertschätzung der Welt und des Lebens ist nicht nur genauso bedeutend wie die ethische – sie ist vor allem unerlässlich zur Stabilisierung unseres kulturellen Niveaus, in gleicher Weise wie ethisches Handeln für unser zivilisatorisches Niveau. Eine ästhetische Norm existiert nicht – das wäre ein Widerspruch zur unendlichen Vielfalt durch die unendliche Kombination der Elemente. Synästhesie-Effekte existieren nicht nur im Bereich der sinnlichen Wahrnehmung, also dem Hören von Farben oder dem Sehen von Düften, sondern auch im Hineinstrahlen in die Produktion durch poetologische oder kultürliche Aspekte. Von einigen Aspekten dieser Phänomene handelt die heutige Sendung „SYNÄSTHETISCHE BILDUNG – einige normative Perspektiven zu (sinnlichem) Handeln und Denken im Goldenen Zeitalter“. Musik: YMA SUMAC – ZANA – KAPITEL 1: YMA SUMAC – ZANA. Eine Stimme wie aus einer anderen fernen Zeit. Wir verstehen nicht, was sie singt – so können wir uns die Geschichten selber ausmalen, von denen sie erzählt – Geschichten von geheimnisvoller Schönheit und exotischer Fremdheit in anderen Kontinenten – wie eine romantische Abenteuerfahrt. Eine Frau, die einst von bezaubernder Schönheit gewesen sein muss. In die unbekannte Welt einzutauchen und zu träumen, tief berührt, und erhaben und exquisit. Was wir erleben im Genuss des Klangs, verleiht uns ein Alter, das den Ursprung und das Ende der Zeit berührt, und die Gemeinsamkeit der Erfahrung macht uns zugleich endlos jung. Szenenwechsel: Musik: BAUHAUS – SPY IN A CAB – KAPITEL 2: BILLY IDOL, der VERSAUTE EROS des PUNK-POP der Achtziger Jahre. Vor ihm die Vision von AUGEN OHNE GESICHT, so singt er wie ein ANTI-ORPHEUS: „Ich verbringe so viel Zeit, alle Lügen zu glauben und den Traum lebendig zu halten. Jetzt macht es mich traurig, und ich bin wütend auf die Wahrheit, das geliebt zu haben, was du bist. Augen ohne Gesicht. Les Yeux Sans Visage.“ Szenenwechsel: Musik: – KAPITEL 3: LIVING A BOY'S ADVENTURE TALE. A-HA. Georg Simmel schreibt über das Abenteuer, dass der Geist der Jugend wenig auf den Sinn, den Inhalt oder die Bedeutung seines Aktionismus gibt. Worauf es ankommt, ist, das Lebensgefühl der umgebenden Zeit des JETZT zu empfinden und ihm mit Taten zu entsprechen, mögen sie auch peinlich oder albern wirken aus einer anderen Perspektive in der Zukunft. Das Abenteuer ist das Authentische im Leben und in der Handlung der Jugend. Szenenwechsel:
Musik: – KAPITEL 4: DEAD CAN DANCE – THE PROMISED WOMB. Der Ursprung unserer Kultur, lebendig und fühlbar geworden. Klänge aus dem Mittelalter und der Renaissance – wie die akustische Entsprechung der Gemälde von Hieronymus Bosch – das Heilige und das Lustvolle im Garten der Irdischen Freuden. Wie nahe uns die MITTELALTERLICHKEIT doch geblieben ist.
Musik: – KAPITEL 5: PHILIP GLASS – AKHNATEN. ZWEITER AKT. DRITTE SZENE. DANCE. Echnaton – Pharao der 18. Dynastie Ägyptens. Er herrschte für siebzehn Jahre im vierzehnten Jahrhundert vor Christus. Er erhob den Gott Aton in Gestalt der Sonnenscheibe zum Gott über alle Götter Ägyptens und weihte ihm seine neue Hauptstadt Achet-Aton. Echnaton beschloss in seinem 5. Regierungsjahr am 21. Februar (nach gregorianischer Zeitrechnung), seine neue Hauptstadt Achetaton (Horizont des Aton) in der Nähe des heutigen Amarna zu gründen. Er sprach: „Ich errichte Achetaton für Aton, meinen Vater, an diesem Platz… Ich überschreite die südliche Stele von Achetaton nicht nach Süden, ich werde die nördliche Stele von Achetaton nicht nach Norden überschreiten, um dort Achetaton zu erbauen. Auch errichte ich es ihm (Aton) nicht auf der Westseite von Achetaton, sondern ich baue Achetaton auf der Seite des Sonnenaufgangs, an einer Stelle, die er sich selbst bereitet hat und die für ihn durch ein Gebirge umrahmt ist… Man baue mir ein Grab im Berg von Achetaton, wo die Sonne aufgeht, in welchem meine Bestattung erfolgen soll nach Millionen von Regierungsjubiläen… Man bestatte darin nach Millionen von Jahren die Große königliche Gemahlin Nofretete… und man bestatte darin nach Millionen von Jahren die königliche Tochter Meritaton.“ Szenenwechsel: „Versuche, den Nebel in der Hand zu halten, und du wirst zu verstehen beginnen, wie das Leben dich zurücklässt wie einen Regenbogen. Sieh den Fuß auf der Treppe. Ein Auge, eine Hand, sieh das Lächeln. Dein Herz sagt ja, aber etwas in deinem Gehirn sagt nein. Menschen, die die Weise des Lebens zu hören beginnen, werden mich willkommen heißen im blumigen Bette des Tagtraums. Du bist einer, der auf dem Weg ist. Also lass dich fallen, es gibt keinen Grund zu warten, sei eins mit deinen Gedanken und sei verstrickt in seltsame Szenen. Also gib mir schnell deine Hand, Fremder in einem Fremden Land. Ich kenne die Geheimnisse deiner Sehnsüchte. Also tu nicht so, als ob ich dich nicht sehen kann. Komm, Orpheus, und singe zu mir. Wir werden zusammen sein, und es wird kein Zurück geben. Warum lässt du zu, dass es dich aufhält? Das Leben muss in voller Sicht gelebt werden. In jeder Sünde muss Stolz sein. Deine verborgenen Träume können nicht geleugnet werden. Nimm mich und du wirst zu verstehen beginnen.“ WHITE NOISE – YOUR HIDDEN DREAMS. Musik: – KAPITEL 6: CORA FROST – OSTSEENACHT.
Eine der großen Diseusen Berlins in den
Goldenen Neunziger Jahren des Zwanzigsten
Jahrhunderts. Wenn sie singt „Wie
Jules und Jim und Jeanne Moreau“, so ist
das fast wie ein kleiner Bruch in der
Erzählstruktur, denn es müsste ja eigentlich
heißen „Wie Jules und Jim und Catherine“
(also die Figur, die Jeanne Moreau in dem
wunderschönen Film von François Truffaut
spielt), aber das Zitat wird sinnvoll, denn im
Narrativ unserer Kultur ist auch Jeanne Moreau
schon eine Legende, eine Geschichte, eine
Figur geworden, ebenso für immer ein
Teil unseres kulturellen Gedächtnisses –
ebenso wie die langen Spaziergänge im Winter
am nebligen Ostseestrand, auf den der kalte
Nieselregen herunterrieselt – in der
aufgelösten Grenze zwischen den Zeitebenen.
Kurz vor dem Tsunami.
Musik: DEICHKIND – KEINE PARTY – VERABSCHIEDUNG: Das war die Sendung SYNÄSTHETISCHE BILDUNG. Einige normative Perspektiven für sinnliches Handeln und Denken im Goldenen Zeitalter. Zu hören im Rahmen der Sendereihe Wie ein Freigeist im Wind. Die Sendeverantwortung hatte Daniel Emerson Aldridge, und wir können uns wieder hören heute in zwei Wochen, wieder um 16 Uhr auf ALEX – OFFENER KANAL BERLIN. Frequenz 91,0 UKW oder über Internet-Livestream. Und ich wünsche euch noch gute Unterhaltung bei dem noch folgenden Programm.
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